Vor gut zwei Wochen erzählte Andreas Gangl, Vertrauensmann bei Amazon Bad Hersfeld, in einem Gespräch mit Violetta Bock der SoZ von der Angst, die bei Amazon umgeht, und wie 1.500 Beschäftigte ohne nennenswerte Hygienemaßnahmen weiter Jeff Bezos reich machen sollen. In der Zwischenzeit gab es weitere Berichte in großen Zeitungen, die gemeinsame internationale Erklärung der Amazon-Beschäftigten hat sich verbreitet. In Italien wurden Unterschriften gesammelt, in Italien, Spanien, Frankreich und zuletzt auch in Chicago und Staten Island haben Beschäftigte gestreikt und sich geweigert, die Halle zu betreten, nachdem KollegInnen positiv auf Corona getestet worden waren. Amazon beteuerte in der Presse Standards einzuhalten, ein aufwändiges Video wurde produziert – und tatsächlich gab es inzwischen manche Umstellung. Wir haben nachgefragt. Amazon scheint tatsächlich etwas besorgt zu sein, dass sie ihre Läden schließen müssen. Plötzlich wird Seife nachgeordert, und oft wird betont, dass Amazon versorgungsrelevant sei. Doch nicht nur das Sortiment, auch der betriebliche Alltag sieht nun anders aus. Klebe-Linien beim Zugang im Abstand von zwei Metern, Treppenhäuser nur noch im Einbahnstraßenverkehr, natürlich jede Menge Schilder zum Abstandhalten und Hände waschen. Die Türen stehen offen, um den Kontakt mit der Klinke zu vermeiden. Es wird darauf geachtet, dass in der Kantine Menschen nicht zu dicht nebeneinander sitzen. In der Abteilung C-Return ist jeder zweite Platz frei und auch gegenüber sitzt niemand mehr, um den Abstand zu sichern. Start-Meetings zu Beginn der Schicht wurden abgesagt und sind durch Aushänge ersetzt. Stattdessen werden zu Beginn Desinfektionstücher verteilt. Die Pause wurde um fünf Minuten verlängert. Seit dieser Woche wird außerdem bei jedem Fieber gemessen. Wer über 37,5 Grad aufweist, wird für drei Tage bezahlt nach Hause geschickt, um sich bei seinem Arzt zu melden. So werden diejenigen nach Hause geschickt, die krank sind, aber wegen der zwei Euro Corona-Zulage trotzdem kommen. Die bekommt nämlich nur, wer arbeitet. Masken soll seit dieser Woche ebenso jeder von Amazon erhalten, der/die will.
Passiert ist also jede Menge, um den Weiterbetrieb ja nicht zu gefährden. Anscheinend gab es Anfang April eine Ansage von ganz oben an die verschiedenen Standorte, in Deutschland unter Voraussetzung der Zustimmung der Betriebsräte. Auch gewerkschaftlich geht es wieder los mit Sitzungen über Telefon- und vielleicht bald auch Videokonferenz. Denn immer noch gibt es viele Punkte, die ungeklärt sind. So setzt sich der Betriebsrat in Bad Hersfeld etwa auch dafür ein, dass Risikogruppen bezahlt freigestellt werden, um sie zu schützen. Und weiterhin gibt es Engstellen und Zeiten, die viele gleichzeitig betreffen. Amazon besteht darauf, dass bis zum Schichtende gearbeitet wird. Doch wenn dann alle gleichzeitig ihre Scanner abgeben wollen, ist das Abstandsgebot kaum umsetzbar. Weiterer Druck und weitere Nachbesserungen werden also nötig sein, allein damit der gekündigte Streikführer Chris Smalls von Staten Island wiedereingestellt wird. Einige dieser Verbesserungen wurden nicht zuletzt durch internationalen Druck und internationale Aktionen erreicht.
In Bad Hersfeld gab es noch keinen Fall, in Winsen dagegen bereits 15. Und richtig kontrollieren lässt sich ein unsichtbarer Virus nur schwer, gerade in Werken und Hallen mit hunderten Beschäftigten. Die Fabrik oder ein Warenhaus bleibt eben ein Ort der Kollektivität, auch in Zeiten der Quaratäne.
Der beste Schutz ist daher nach wie vor: #stayathome
Stand: 6.4.2020, vb