Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Der Staat tötet! SUD-Gewerkschaft in Frankreich zur Situation in Gesundheits- und Sozialdiensten

Wir dokumentieren hier einen Kommentar der SUD Santé Sociaux, Teil der basisorientierten französischen Gewerkschaftsföderation Sud-Solidaires, über die Arbeitsbedingungen und die Stimmung von Beschäftigten der Gesundheits- und Sozialdienste in Frankreich. Wir danken für die schnelle Übersetzung des im Original hier erschienenen Beitrags vom 10. April 2020.

Am 17. November 2019 tauchte in der chinesischen Stadt Wuhan das Coronavirus 2019 (COVID-19) auf. Am 30. Januar 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Die damalige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn hat erklärt, den Premierminister Edouard Philippe über die bevorstehende Pandemie informiert zu haben…

Seitdem die Regierung von Emmanuel Macron in Frankreich an der Macht ist, hat sie versucht alle Bewegungen mit extremer Gewalt in den Griff zu bekommen: die Gelbwestenbewegung, die Bewegung gegen die Rentenkürzungen, die Bewegung für bessere Gesundheitsversorgung. Sie kriminalisiert die Demonstrant*innen, rüstet ihre Ordnungskräfte mit Material und Kriegsmunition im Wert von mehreren Millionen Euro aus, um Augen auszustechen, zu verletzen, zu töten….

Und um in der allgemeinen Sorglosigkeit und unter Beihilfe der institutionalisierten politischen Parteien die Gemeindewahlen vorzubereiten, ohne dabei besondere Vorkehrungen für den Verkehr von Gütern und Menschen zu treffen. Normalität für eine ultraliberale, kapitalistische und faschistische Regierung.

Am 24. Januar wurden in Frankreich die ersten Fälle von COVID-19 bekanntgegeben, anschließend   folgten die Ereignisse rasch aufeinander. Die Fälle von mit COVID-19 Angesteckten explodieren in den Krankenhäusern, aber auch in den Altenheimen, den medizinischen und sozialen Einrichtungen: Wer trägt die Verantwortung dafür?

Die Beschäftigten des Gesundheitswesens werden schutzlos und mit widersprüchlichen Anweisungen, die sich je nach dem Stand der Bevorratung von Materialien ändern, an die Front geschickt! Bis heute haben sich mehr als 3.500 unserer Kolleg*innen mit COVID-19 infiziert, einige von ihnen befinden sich seit mehreren Wochen auf der Intensivstation.

Heute zählen wir unsere Toten

Wir sehen die Regierung als verantwortlich, die die Krankenhausbeschäftigten völlig unvorbereitet in den Tod schickt, darin einer „groländischen“ Regierung gleich [Anspielung auf fr. Satiresendung über eine fiktive, von inkompetenten Politikern geführte Republik; Anm. d. Ü.].

Wir werden nicht vergessen, dass die Regierung uns gestern unterdrückte, als wir Mittel für das Gesundheitswesen einforderten, heute ermordet sie uns!

Unsere einzigen Waffen, die Masken, sie fehlen; die Handschuhe, sie fehlen; die Brillen und Visiere, sie fehlen; die Überkittel, sie fehlen; die hydroalkoholischen Gele, sie fehlen; die Beatmungsmaschinen, sie fehlen… und diese Liste ist unvollständig.

Die Kommunikation des Präsidenten der Republik und seiner Regierung ist zum Kotzen; unfähig, die Pflegenden zu schützen, nur dazu in der Lage, seine Sprache anzupassen und, angesichts fehlender Mittel, unsere Kolleg*innen zu zwingen, unter entwürdigenden Zuständen zu arbeiten. Es fehlt an derart viel Material, dass sich die Hygienevorschriften von einem auf den anderen Tag ändern.

Während heute die Minister, die Abgeordneten, die Direktoren und die Geschäftsführer von Einrichtungen etc. ihren Arsch zu retten versuchen, indem sie sagen, „nicht ich bin schuld, er ist es, es ist die vorige Regierung“, sagen wir ihnen, dass sie alle, Männer und Frauen, Komplizen dieser lügenhaften Politik sind, die tötet! Wir erinnern die Einrichtungen daran, dass es ihnen freisteht, die Materialbestellungen, auch bei neuen Lieferanten, zu vervielfachen. Sie sind nicht verpflichtet, auf die Verteilung der staatlichen Bevorratung zu warten. Wir erinnern sie daran, dass es ihnen freisteht, die himmelsschreienden Bedarfe an Schutzmaterialien, biomedizinischen Materialien, pharmazeutischen Produkten öffentlich anzuklagen, anstatt den tödlichen, lügenhaften Diskurs der Regierung zu wiederholen! Wir erinnern die Regionalpräsident*innen daran, dass es ihnen freisteht, möglichst viele Branchen zu zwingen, ihre Produktionsketten zu ändern, um auf diese lebenswichtigen und so dringenden Bedarfe zu antworten… dies gilt auch für die lokale Ebene.

Dies verlangt die Gewerkschaft SUD seit mehreren Wochen von der Regierung, bislang vergeblich!

Wir tragen den Hass tief in uns, einen tiefgründigen Hass (Bernard Lavilliers). Wir haben die Zähne von Wölfen und das Gedächtnis von Elefanten. Wir erwarten Euch nach der Aufhebung der Quarantäne, wir vergessen nichts! Eure Inkompetenz, Eure Lügen, Euren Dünkel, Eure Missachtung…

„Ach, man solle sich nicht beunruhigen, sagtet ihr, diese kleine Grippe wird vorübergehen!“ Seid beunruhigt, Ihr, von jetzt ab!

Für die Morde zahlt man früher oder später, die Arbeiter und Arbeiterinnen, die dem SARS-coV-2 durch Eure Sorglosigkeit ausgesetzt sind, werden sich an Euer gutes Souvenir erinnern und alles dafür tun, dass ihr vor die Justiz des Volkes kommt, und nicht vor Eure bourgeoise Justiz!

Übersetzung: LS