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Amazon: Widerstand in Zeiten der Pandemie

„Das war es, was den Funken der Revolution ausgelöst hat“

New York, United States
Interview mit Christian Smalls, Streikführer in New York,
übersetzt und leicht gekürzt von Christian Krähling

Der Online-Riese Amazon wächst während der Corona-Pandemie weiter. Erst vor einigen Monaten gab das Unternehmen bekannt, dass in den USA hunderttausend neue Arbeitskräfte eingestellt werden sollen, um die gestiegene Nachfrage während der Corona-Krise zu befriedigen. Jetzt plant man, weitere 75.000 Menschen im Land zu beschäftigen. Dies geschieht, während die Proteste unter den Lagerarbeitern zunehmen. Christian Smalls, 31 Jahre, hat aufgrund der prekären Sicherheitslage einen Streik im Amazon-Lager JFK8 organsiert und wurde dann von der Firmenleitung entlassen. Die schwedische Zeitschrift Arbetaren hat mit dem 31jährigen Christian Smalls gesprochen.


Es ist früher Morgen in New York, als Christian Smalls unseren Anruf entgegennimmt. Erst vor wenigen Wochen wurde er von Amazon entlassen, nachdem er einen Protest an seinem früheren Arbeitsplatz bei JFK8 auf Staten Island, New York, organisiert hatte. Ein Distributionszentrum, in dem derzeit rund 5000 Menschen arbeiten.
Das Unternehmen habe im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Virus keine angemessenen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, sagt Smalls, nicht zuletzt in New York, einer Stadt, die zum Epizentrum der Pandemie geworden ist und in der Tausende von Menschen infolge von Covid-19 gestorben sind. Anfang März verkündete der Bürgermeister den Ausnahmezustand in der Stadt mit acht Millionen Einwohnern, und seitdem sind die Straßen verlassen und leer. Gleichzeitig werden die Arbeiten in den Vertriebszentren von Amazon wie gewohnt fortgesetzt.
Christian Smalls gibt an, er habe Anfang März bemerkt, dass sich die Kolleginnen und Kollegen um ihn herum im Betrieb nach und nach krank fühlten.


„Einige von ihnen erbrachen sich, anderen wurde schwindelig, sie waren benommen, müde … Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, also versuchte ich, es an mein HR-Team (Human Resources) weiterzuleiten und sagte: ‚Hey, hier stimmt etwas nicht, wir sollten das Gebäude vorsichtshalber unter Quarantäne stellen. Anfang März hatten wir noch keine bestätigten Fälle. Alles lief weiter wie gewohnt, ‚wir folgen den CDC-Richtlinien, es gibt keine Bedenken, dass wir jetzt Maßnahmen ergreifen müssen‘, sagten sie. Ich war damit nicht wirklich einverstanden, aber ich wollte versuchen, hinter den Kulissen weiter zu kämpfen.“


Christian Smalls nahm sich ein paar Tage frei und kontaktierte die Gesundheitsbehörden in New York. Als er am 24.März zur Arbeit zurückkehrte, wurde er von einer kranken und erschöpften Kollegin empfangen. Sie hatte blutunterlaufene Augen und sagte, dass sie am Tag zuvor auf Covid-19 getestet worden war und nun auf das Testergebnis wartete.
„Ich sagte ihr, sie solle nach Hause gehen. Es war neun Uhr morgens, es war noch früh. Da sie meine Freundin ist, hörte sie auf mich und verstand. Sie ging nach Hause.
Zwei Stunden später, zur üblichen Zeit um elf Uhr morgens, fand das Manager-Meeting statt. Dort wurde über den ersten bestätigten Covid-19 Fall im Gebäude informiert.“
In Queens gab es erst wenige Wochen zuvor eine ähnliche Situation in einem Amazon-Lagerhaus. Das Gebäude wurde geschlossen, die Räumlichkeiten professionell gereinigt. Christian Smalls erwartete dasselbe für seinen Standort auf Staten Island. Das war aber nicht der Fall.


„Ich hatte dasselbe erwartet. Ich hatte erwartet, dass wir schließen, alle gegen Bezahlung nach Hause schicken und eine professionelle Crew einbestellen, um das Gebäude zu reinigen. Das ist nicht passiert. Alles lief weiter, wie bisher. ‚Sagt es den Mitarbeitern nicht, wir wollen keine Panik auslösen‘, sagten sie. Das war der letzte Tag, an dem ich für Amazon gearbeitet habe.“


Christian Smalls wollte jedoch nicht aufgeben. Er ging nach Hause, telefonierte weiter und versuchte, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen. Er kontaktierte die Behörden erneut, jedoch ohne Erfolg. Am nächsten Morgen kehrte er ins Lager zurück, ging aber, statt zur Arbeit, in die Kantine.


„Also ging ich jeden Tag – Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag – zum Lager zurück und saß 8 Stunden am Tag in der Kantine, um den Kolleginnen und Kollegen die Wahrheit zu sagen. Ich sagte hey, jemand war hier drin, der um euch herum gearbeitet hat, der positiv getestet wurde. Versuchen wir, das Gebäude schließen zu lassen und gehen wir zum Büro des General Managers. So gingen wir jeden Morgen um 9 Uhr zu seinem Büro, um sein Meeting zu unterbrechen. Ich hatte eine Gruppe von 10 Leuten, die ihre Bedenken äußerten, einschließlich mir. Und er machte einen Anruf und ich dachte, er hat versucht, die Regional-Chefs zu kontaktieren oder wer auch immer da oben entscheiden kann, das Gebäude zu schließen – angeblich. Aber nichts ist passiert.“


Immer wieder habe man die gleiche Art von Ausweichantwort erhalten, sagt Smalls: „Dies sei keine Entscheidung auf Standortebene“, „Ich habe die Regional-Chefs nicht erreicht“, und :„Wir müssen das Gebäude nicht schließen, wir befolgen alle Richtlinien.“
Am Freitag ging Smalls alleine in das Büro des General Managers und geriet in einen intensiven Streit mit ihm.
„Ich sagte ihm, wir müssen dieses Gebäude schließen oder wir müssen irgendetwas tun. Ich hatte zuvor in einem Amazon-Lager in Kentucky gearbeitet. Dieses wurde von der Regierung geschlossen und sie haben die Leute für die ganze Woche bezahlt nach Hause geschickt, ich glaube, bis zum 1.April. Ich sagte, gut, Kentucky hat geschlossen, warum können wir nicht schließen? Wir sind die gleiche Art von Lager. Er sagte mir im Grunde, dass die Regierung es getan hat und die Angestellten nicht für eine Schließung protestiert hätten. Aber ich habe in einem Artikel gelesen, dass sie protestiert haben. Also hat er wohl versucht aus mir herauszukitzeln, was wir vorhatten. Ich tat so, als ob ich von nicht wüsste, aber es musste etwas getan werden.“


Christian Smalls ging erneut die entsprechenden Amazon-Richtlinien durch, diese machten für ihn jedoch wenig Sinn in der gegebenen Situation. Er verließ das Lager und begann am Montag, für einen Streik zu mobilisieren. Diesmal riefen die Medien bei ihm an.
Am Samstag kehrte er in in die Kantine im Gebäude zurück. Ein Manager trat vor und nahm Christian Smalls beiseite. Er sagte, er würde in bezahlte Quarantäne geschickt, weil er Kontakt mit jemandem hatte, der mit Covid-19 infiziert war.
„Ich antwortete, ja, das habe ich euch die ganze Woche versucht zu erklären. Aber nicht nur ich hatte Kontakt zur infizierten Person, sondern meine gesamte Abteilung. Wir müssen alle unter Quarantäne gestellt werden – das gesamte Gebäude. Die betroffene Person ist Vorgesetzte, sie muss mit Menschen in Kontakt treten, sie muss Hand in Hand mit Menschen arbeiten, sie muss Menschen helfen – wir müssen alle unter Quarantäne gestellt werden. Einschließlich der Person, mit der ich zur Arbeit fahre. ‚Nein, nur du, sonst niemand, nur du‘, sagte der Manager. Also nur ich, nicht einmal die Person, mit der ich zur Arbeit fahre. Ok, kein Problem. Ich ging weg. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, etwas stimmte offensichtlich nicht! Ich wurde zum Schweigen gebracht. Sie wollten mich offensichtlich loswerden.“
Am Montag zur Mittagszeit organisierte Christian Smalls den Streik.


„Ungefähr 50 bis 60 Leute beteiligten sich. Alles war geplant. Bis hin zum Timing. Ich hatte bewusst einen Tag gewählt, wo schönes Wetter angekündigt war, 18 Grad, also wusste ich, dass jeder gerne draußen zu Mittag essen würde. Ich gab der Welt, was gesehen werden musste, es war der Weg nach draußen. Und die Leute kamen sofort zu uns, die Leute hielten meine Schilder hoch. Die Streikenden sprachen mit der Presse, den Medien und sagten die Wahrheit, dass sie bei der Arbeit nicht geschützt sind, und genau das wollte ich. Ich wollte, dass alle wissen, dass die Beschäftigten nicht geschützt wurden. Es gab keine Schutzmasken und auch nicht die richtigen Handschuhe. Das hat den Funken der Revolution ausgelöst, denn viele Menschen auf der ganzen Welt haben erkannt, dass sie sich in derselben Situation befinden, eine sehr gefährliche Situation, in der es um Leben oder Tod geht.“


Zwei Stunden später wurde Christian Smalls per Telefon von der Geschäftsleitung gekündigt. Amazon bestritt, dass er wegen seiner Agitation oder seines politischen Engagements gekündigt wurde. Eine Sprecherin des Unternehmens, Kristen Kish, sagte, dass er entlassen wurde, weil er zum Arbeitsplatz zurückgekehrt war, obwohl er sich mitten in einer bezahlten 14tägigen Quarantäne befand, nachdem er mit jemandem in der Einrichtung in Kontakt gekommen war, der krank war.
„Wir haben sein Arbeitsverhältnis beendet, weil er die Gesundheit und Sicherheit anderer gefährdet und gegen seine Beschäftigungsbedingungen verstoßen hat“, so Kristen Kish gegenüber der New York Times.
Amazon bestreitet auch, den Beschäftigten im Lager keine bestätigten Fälle mitgeteilt zu haben, und gab gegenüber dem Magazin Forbes an, dass das Unternehmen jeden, der in engem Kontakt mit der erkrankten Mitarbeiterin stand, gebeten hat, sich 14 Tage lang gegen Bezahlung unter Quarantäne zu stellen.
Der Streik fand in den amerikanischen Medien große Beachtung. Aber auch die Tatsache, dass Christian Smalls gefeuert wurde. Der New Yorker Bürgermeister Bill De Blasio gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er den Menschenrechtsbeauftragten der Stadt gebeten hat, den Fall zu untersuchen.
Amazon geriet aber auch in einen Medienskandal. Ein internes Besprechungsprotokoll drang nach außen und Vice News enthüllte, wie Top-Führungskräfte bei Amazon während eines morgendlichen Treffens über Smalls diskutierten.
„Er ist nicht schlau oder redegewandt“, schrieb der hochrangige Amazon-Chef David Zapolsky im Meeting-Chat über Christian Smalls. „Stellen wir ihn in den Mittelpunkt, und wenn möglich, lassen wir ihn das Gesicht der gesamten Gewerkschafts- und Organisationsbewegung werden.“ Bei dem Treffen war auch Jeff Bezos, der Gründer und CEO von Amazon, anwesend.
In einer Erklärung gegenüber Vice News sagte Zapolsky, seine Kommentare seien „persönlich und emotional“. „Ich war frustriert und verärgert darüber, dass ein Amazon-Mitarbeiter die Gesundheit und Sicherheit anderer Amazonier gefährden würde, indem er wiederholt zum Arbeitsplatz zurückkehrte, nachdem er gewarnt worden war, sich selbst unter Quarantäne zu stellen.“ Christian Smalls war über die Äußerungen in dem Meeting nicht überrascht.


Wie hast du dich gefühlt, als du den Inhalt des Gesprächs gelesen hast?


Ich fühle nichts, weil sie in meinem Leben nichts für mich getan haben! Ihre Meinung ist mir egal. Es geht nicht um mich – ging es nie. Wenn sie sich, mit dem reichsten Mann der Welt im Raum, von jemandem bedroht fühlen, der 25 Dollar pro Stunde verdient, dann sagt das aus, dass ich die Wahrheit gesagt habe! Ist die Sache wirklich so ernst, um sie in einem Meeting mit dem CEO zu besprechen? Das bestätigt doch wohl eher, dass meine Geschichte etwas Wahres enthält. In meiner Geschichte steckt viel Wahrheit. Es schüchtert sie ein und führt dazu, dass sie Geld verlieren. Sie sind gierig, es geht ihnen nur ums Geld, sie kümmern sich nicht um Menschen.
Im Grunde sagen sie doch damit: ‚Wir machen uns keine Sorgen um die Mitarbeiter, sondern nur um Christian Smalls.‘ Daran sieht man, dass sie sich einen Scheiß um die Leute kümmern, entschuldige meine Sprache, aber sie kümmern sich nicht um die Leute. Wenn du für Amazon arbeitest, siehst du daran, wie wenig du dem Management wert bist. Solange du Amazon immer reicher machst, ist es ihnen egal, ob du dieses Virus zu deiner Familie nach Hause bringst. Sie kümmern sich nicht um dich. Es ist ihnen egal, ob du lebst oder stirbst! Wenn du stirbst, rate mal, was sie tun werden? Sie werden 100.000 weitere Leute einstellen. Die Leute müssen aufwachen. Geht streiken!


Nach deiner Kündigung forderte der Bürgermeister von New York den Menschenrechtsbeauftragten auf, den Fall zu untersuchen. Wird das geschehen?


Ja, absolut! Sie haben bereits damit begonnen. Sie haben Briefe geschickt, auf die Amazon antworten muss. Es ist nur eine Frage der Zeit. Im Moment ist es schwierig. Die Gerichte sind geschlossen. Alle sind unter Quarantäne gestellt. Aber sie haben dies momentan definitiv als oberste Priorität. Sie arbeiten noch daran. Der Fall wird weiter untersucht. Ich schätze den Bürgermeister und alle Kongressabgeordneten, Senatoren, die diese Untersuchung ins Rollen gebracht haben, sehr.


Denkst du, dass nun viele Beschäftigte Angst haben, sich gegen Amazon zu wehren?


Absolut. Ja, das ist ein Einschüchterungsversuch, es könnte viele andere davon abhalten sich zu wehren, weil man Angst haben muss gefeuert zu werden, wenn man etwas sagt. Ich bekomme jeden Tag E-Mails aus der ganzen Welt. Leute, die mir berichten, dass sie ähnliches erlebt haben, aber dass sie anonym bleiben möchten. Es ist traurig, aber die Nachrichten kommen von überall her: Tokio, Brasilien, London, Kolumbien. Ich habe mit Leuten von überall her gesprochen und es ist traurig, was da so los ist. Es passiert nicht nur in Amerika, nicht nur in JFK8 Staten Island, sondern auf der ganzen Welt, überall!
Und meine Botschaft an alle lautet: Nr.1 – Du nimmst Social Distancing ernst, dann hör auf, den One-Click-Buy-Button zu klicken, bestelle nichts mehr online. Wenn Du ein Amazonier bist und dich nicht sicher fühlst: Hol dir deine Macht zurück! Diese reichen Leute an der Spitze werden keine Artikel picken, keine Päckchen packen und an den Kunden senden. Du hast die Macht. Benutze sie, geh streiken! Stehe auf! Hab keine Angst.


Wie lief das, als du angefangen hast, bei Amazon zu arbeiten? Warst du von Anfang an ein „Management Assistant“?


Ich habe ganz unten angefangen. Ich fing mit 12 Dollar pro Stunde an. Dann wurde ich befördert. Ich war ein normaler „Tier 1“-Mitarbeiter, ein Picker. Ich habe mich in weniger als einem Jahr in eine Supervisor-Position hochgearbeitet und mitgeholfen drei Standorte zu eröffnen: New York, New Jersey und Connecticut. In jedem Standort war ich über ein Jahr, fast zwei Jahre.


Deine Kollegin sollte weiterarbeiten, während sie auf die Ergebnisse des Covid-19-Tests wartete. Hätte sie nicht unter Quarantäne gestellt werden müssen?


Sie wurde nicht unter Quarantäne gestellt, du hast Recht, du hast absolut Recht, sie hätte unter Quarantäne gestellt werden müssen bis sie die Ergebnisse zurückerhält, aber sie taten es nicht! Sie musste tatsächlich wieder zur Arbeit kommen. Aus diesem Grund habe ich gesagt, dass ihre Richtlinien keinen Sinn ergeben. Wie soll es überhaupt möglich sein, den Test zu machen? Man bekommt den Test nicht einmal, wenn man keine schweren Symptome aufweist. Das bedeutet also, dass möglicherweise Infizierte zur Arbeit erscheinen. An der Stelle der Geschäftsleitung würde ich dieses Risiko nicht eingehen, dich in so einem Fall wieder zur Arbeit kommen zu lassen. Ich würde warten, bis die Testergebnisse da sind. Das dauert ein paar Tage. Ich habe Amazon oft gesagt, dass die Richtlinien dahingehend geändert werden müssen, aber sie haben nichts getan.


Und als du noch gearbeitet hast, gab es da eine Person, die positiv getestet wurde, während andere behaupten, dass es tatsächlich zehn Fälle gab?

Derzeit gibt es ungefähr 30 Fälle an diesem Standort.


Planst du irgendwelche neuen Aktionen?


Nun, ich persönlich bin erstmal mit der Presse beschäftigt, ich und mein Team. Langfristig habe ich vor, weiterhin zur Entwicklung der Gewerkschaften im ganzen Land beizutragen. Wir haben gerade ein gemeinsames Ziel: eine Koalition gegen diese Unternehmen zu bilden, die gegen Organizer vorgehen. Das ist jetzt das Ziel: die Macht des Kapitalismus zurückzudrängen und Verbindungen zwischen den Arbeitern und Organizern herzustellen, damit das nie wieder passiert. Das ist mein Ziel.


Wie bestreitest du nun, nachdem du gefeuert wurdest, deinen Lebensunterhalt?


Ich habe gerade ein „Gofundme“ auf meiner Seite eingerichtet. Es ist jedoch nicht ausschließlich für mich, sondern auch für die Leute, die momentan nicht zur Arbeit erscheinen können und deshalb nicht bezahlt werden. Dafür wurde diese Spendenseite eingerichtet. Wenn ihr uns unterstützen möchtet, könnt ihr auf meiner Twitter-Seite für mein „Gofundme“ spenden. Es ist jetzt online. Leute versuchten von Anfang an, uns Spenden zukommen zu lassen. Ich wollte dies zunächst nicht, da es nicht ums Geld geht – ging es nie! Schließlich habe ich aber nachgegeben. Es geht darum, Leben zu retten. Ich kenne viele Leute, die gerade leiden. Menschen, die seit über einem Monat nicht mehr gearbeitet haben und kein Geld beziehen. Also möchte ich mich um sie kümmern und habe beschlossen, die Spenden anzunehmen.
Gibt es momentan viele Leute, die sich nicht trauen, zur Arbeit zu gehen, die ohne Bezahlung zu Hause bleiben?
Ja, absolut! Wir haben 18jährige, die nicht zur Arbeit gehen. Es gibt Senioren mit gesundheitlichen Problemen, die nicht zur Arbeit gehen. Wir haben Menschen, die krank sind und keinen Test bekommen können – sie wollen ihre Kollegen nicht gefährden, also gehen sie nicht zur Arbeit. Also ja, es gibt viele Leute, die nicht zur Arbeit gehen. Und ich möchte mich um sie kümmern.


Haben viele Leute ihren Urlaub früher genommen, um gegen Bezahlung zu Hause bleiben zu können?


Das funktioniert so leider nicht. Ich habe meine ganze Urlaubszeit genutzt, ich habe meine ganze persönliche Zeit vom Überstundenkonto genutzt. Aber wenn man nicht lange genug dabei ist, hat man das alles so nicht. Und wenn einem Urlaub und Überstundenabbau zur Verfügung steht, wird es nicht lange reichen. Wir wissen nicht, wie lange wir in dieser Situation sein werden, es könnten Monate sein…“


In den letzten zwei Wochen wurden weitere Beschäftigte entlassen, nachdem sie das Unternehmen offen kritisiert hatten. Maren Costa und Emily Cunningham, beides technische Mitarbeiterinnen von Amazon, die als „User Experience Designer“ beschäftigt waren. Sie kritisierten das Unternehmen auf Twitter dafür, dass es die Sicherheitsrisiken der Lagerarbeiter nicht ernst nehmen würde, und luden ihre Kollegen über den Firmen-Emailverteiler zu einem Infocall ein. Costa hatte 15 und Cunningham mehr als fünf Jahre für das Unternehmen gearbeitet. Beide waren auch in der Gruppe Amazon Employees for Climate Justice aktiv.
Eine Unternehmenssprecherin hat gegenüber The Guardian bestätigt, dass die beiden Mitarbeiterinnen wegen „wiederholter Verstöße gegen interne Richtlinien“ entlassen wurden, die es Mitarbeitern verbieten, ohne Begründung und Zustimmung der Führungskräfte öffentlich zum Unternehmen Stellung zu nehmen.
Letzte Woche wurde auch Bashit Mohamed, ein Lagerarbeiter aus Minnesota, entlassen, nachdem er versucht hatte, Kolleginnen und Kollegen zum Protest gegen mangelnde Sicherheitsstandards bei Amazon während der Corona-Pandemie zu organisieren. Amazon erklärte hierzu, dass Bashit Mohamed wegen unangemessener Sprache und unangemessenen Verhaltens entlassen wurde.