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Vom Notstand der Arbeitsgesellschaft

„Plötzlich ist zuvor Undenkbares möglich: Investitionen ungekannten Ausmaßes in Krankenhäuser, ja sogar eine Aufhebung der 2009 mit Verfassungsrang versehenen Schuldenbremse. Und andererseits: eine für viele Menschen lebensbedrohliche Überlastung im Gesundheitswesen, Armut und Prekarität als Massenphänomen, Ausdehnung von Arbeitszeiten hier, Null-Stunden-Woche dort, und langfristig die Gefahr einer Verschärfung der Klassenkämpfe von oben.

Nachdem in den ersten Wochen der Corona-Pandemie der öffentliche Fokus auf Verlautbarungen aus Krisenstäben fast alles andere vergessen ließ, wird seit einigen Tagen die Frage nach den sozialen Dimensionen des Lockdowns stärker in den Blick genommen: Es zeigt sich, wie schnell sich die Corona-Krise in einen Notstand der Arbeitsgesellschaft verwandelt, dessen Folgen aktuell unabsehbar sind. Spekulationen erscheinen deshalb auch ziemlich sinnlos. Nützlicher erscheint es zu diskutieren, was die aktuelle Situation für bereits zuvor vorhandene Tendenzen in der Erwerbsarbeit, aber auch für die gesellschaftliche Arbeitsteilung insgesamt bedeutet. Beide Fragen stehen sowohl für eine kritische Arbeitsforschung als auch für linke, emanzipatorische Politik im Feld Arbeit aus unserer Sicht auf der Tagesordnung.“

Die Gruppe Blauer Montag, Autor*innenkollektiv des Beitrags „Vom Notstand der Arbeitsgesellschaft“, ist ein Kollektiv aus Hamburg (und Umgebung), das sich kritisch-aktivistisch mit Fragen der Arbeits- und Sozialpolitik befasst. Der auf Sozial.Geschichte Online publizierte Text gibt den Stand ihrer Diskussion zu Veränderungen der Arbeitsgesellschaft in der Krise bis zum 7. April 2020 wieder. Viele der Einschätzungen mögen aktuell schnell überholt erscheinen, die skizzierten Tendenzen erscheinen der Redaktion von Sozial.Geschichte Online gleichwohl geeignet, um eine aktuell etwas vernachlässigte und dennoch nicht weniger wichtige Diskussion zu beginnen.